Das waren noch Zeiten: Kult-Talkshows der 90er

Die 1990er Jahre waren eine besondere Zeit für die deutschen Talkshows. Es war die Zeit, in der das Format boomte und die Zuschauer an den Bildschirmen klebten, um den neuesten Klatsch und die aufregendsten Skandale zu verfolgen. Eine ganze Reihe von Moderatorinnen und Moderatoren fanden ihren Weg auf die Bildschirme und unterhielten das Publikum mit ihren einzigartigen Persönlichkeiten und ihren oft kontroversen Themen. Einige der bekanntesten Talkshows der 90er Jahre und was sie so besonders machte, werden in diesem Blogbeitrag vorgestellt.

1. Vera Int-Veen: Die Königin der deutschen Daily-Talk-Shows

„Vera am Mittag“ war eine tägliche Talkshow, die von 1996 bis 2006 auf Sat.1 ausgestrahlt wurde. Sie wurde von Vera Int-Veen moderiert und richtete sich vor allem an nicht-prominente Gäste, die über ihr Leben und ihre Probleme sprachen.

Die Sendung war aber auch für ihre kontroversen Themen und spektakulären Gäste bekannt und geriet mehrfach wegen Verstößen gegen den Jugendschutz in die Kritik. Trotzdem war die Sendung über zehn Jahre lang ein Publikumsmagnet und eine der erfolgreichsten Talkshows im deutschen Fernsehen.

Vera am Mittag
Vera Int-Veen im Gespräch mit einem Gast aus dem Publikum bei „Vera am Mittag“ im Jahr 1997. Foto: IMAGO / teutopress

2. Hans Meiser – Die Kult-Talkshow der 90er Jahre

Vera Int-Veen und Hans Meiser waren zwei der bekanntesten Moderatoren der deutschen Talkshow-Szene in den 90er Jahren. Während Vera am Mittag ein eher einfühlsames und alltagsbezogenes Format hatte, war Hans Meiser bekannt dafür, unseriöse Machenschaften und Reizthemen aufzudecken. Ebenso wie Vera war auch Hans Meiser ein großer Erfolg und wurde innerhalb eines Jahres mit allen begehrten Preisen des Fernsehens ausgezeichnet.

Hans Meiser
Hans Meiser, der Moderator der gleichnamigen Talkshow im Jahr 1992, Foto: IMAGO / Horst Galuschka

Mit seiner unverwechselbaren Art im Umgang mit Gästen und dem Aufgreifen kontroverser Themen wurde er zum „König der Nachmittagstalkshows“ und zu einer wichtigen Persönlichkeit in der deutschen Fernsehlandschaft der 90er Jahre. Insgesamt moderierte er 1700 Sendungen bei RTL, bis er 2001 auf eigenen Wunsch die Talk-Arena verließ.

3. Andreas Türck: Die skurrile Seite der Nachmittags-Talkshows

Andreas Türck war einer der bekanntesten Moderatoren der deutschen Talkshow-Szene der 90er Jahre. Seine tägliche Nachmittags-Talkshow auf ProSieben unterschied sich jedoch deutlich von anderen Formaten seiner Zeit. So trafen bei Türck häufig Menschen aufeinander, die sich kannten und die ihre persönlichen Probleme in aller Öffentlichkeit zur Sprache brachten. Der Moderator war für seine betont saloppe Art bekannt und machte sich häufig über seine Gäste und deren Sorgen lustig.

Inhaltlich wurden die Themen bei Andreas Türck oft als Anrede an den Moderator formuliert, wie „Andreas, mein Busen wird dich auch verrückt machen“ oder „Andreas, komm, lass uns mal so richtig peinlich sein“. Die Sendungen hatten oft skurrile Titel wie „Andreas, hilf mir! Ich will meine Nacktfotos zurück!“ und drehten sich um kuriose Geschichten und Situationen. Trotz kontroverser Themen und öffentlicher Kritik blieb Türcks Sendung über Jahre ein Quotenhit und machte ihn zu einem der bekanntesten Moderatoren Deutschlands.

Andreas Türck in seiner Talkshow der 90er
Andreas Türck, ehemaliger Moderator und TV-Persönlichkeit, Foto: IMAGO / teutopress

Im Januar 2002 beendete Andreas Türck auf eigenen Wunsch die Moderation seiner Sendung. Seine Sendung wurde jedoch noch drei Monate lang wiederholt und sorgte weiterhin für Aufsehen und Kritik. Andreas Türck hat damit einen festen Platz in der deutschen Fernsehgeschichte und in der Erinnerung an die skurrile Seite der Nachmittags-Talkshows der 90er Jahre.

4. Bärbel Schäfer – Von der Talkshow zur Buchautorin und Moderatorin

Bärbel Schäfer, die bereits in den 80er Jahren eine Euro-Chart-Show moderierte, etablierte sich von 1995 bis 2002 als Moderatorin einer Daily-Talkshow bei RTL und erhielt für ihre Arbeit sogar eine Goldene Kamera. Nach dem Ende ihrer Talkshow-Karriere arbeitete Schäfer als Buchautorin und veröffentlichte insgesamt acht Romane.

Bärbel Schäfer
Bärbel Schäfer – Talkshow-Moderatorin, Buchautorin und engagierte Unterstützerin von UNICEF, Foto: IMAGO / Horst Galuschka

Sie gründete eine eigene Produktionsfirma und moderierte zahlreiche Talkformate. Seit 2009 moderiert sie sonntags eine Talkshow im Hessischen Rundfunk und engagiert sich für UNICEF und ein Zentrum für trauernde Kinder und Jugendliche in ihrer Heimatstadt Bremen.

5. Arabella Kiesbauer – Die österreichische Talkmasterin erobert Deutschland

Die 90er Jahre waren geprägt von einer Vielzahl von nachmittäglichen Talkshows, die sich vor allem durch lautstarke Wortgefechte und kontroverse Themen auszeichneten. Eine dieser Sendungen war „Arabella“, die 1994 auf ProSieben startete und von der österreichischen Moderatorin Arabella Kiesbauer präsentiert wurde. Die erste farbige Talkmasterin Deutschlands trat in große Fußstapfen und hatte mit Oprah Winfrey ein ehrgeiziges Vorbild. Die Themen waren oft provokativ und spektakulär, nicht selten kam es zu lautstarken Auseinandersetzungen zwischen den Gästen.

Arabella Kiesbauer
Arabella Kiesbauer – das Gesicht hinter der erfolgreichen Talkshow „Arabella“ im Jahr 1994, Foto: IMAGO / teutopress

Wie bei anderen Talkshows ging es auch bei „Arabella“ darum, „normale“ Menschen aus der Gesellschaft zu Wort kommen zu lassen. Die Themen kamen aus den Niederungen des menschlichen Zusammenlebens, was der Sendung bei vielen Zuschauern großen Zuspruch einbrachte. Allerdings wurde „Arabella“ im Laufe der Jahre immer wieder umstrukturiert und es gab Versuche, die Sendung mit Laiendarstellern neu zu besetzen. Kiesbauer lehnte dies jedoch ab und die Einschaltquoten der Sendung sanken in den letzten Jahren ihres Bestehens.

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Stefan Raab bei Arabella

Nach zehn Jahren wurde die Talkshow schließlich im Juni 2004 eingestellt. Die letzten Monate der Sendung waren geprägt von Pseudo-Doku-Soaps und Psycho-Formaten, die in die Sendung integriert wurden. Arabella Kiesbauer hatte sich jedoch als österreichische Talkmasterin einen Platz in der deutschen Fernsehlandschaft gesichert und durch ihre Art und Persönlichkeit viele Fans gewonnen.

6. Sonja Zietlow: Vom kontroversen Talk-Format zum Dschungelcamp-Erfolg

Während Arabella Kiesbauer in ihrer Talkshow der 90er „normale“ Gäste begrüßte, kamen bei Sonja Zietlow häufig auch kontroverse Gäste zu Wort. Von 1997 bis 2001 moderierte sie ihre eigene Talkshow „Sonja“ bei Sat.1.

Sonja Zietlow
Die bekannte Moderatorin Sonja Zietlow vor der Aufzeichnung ihrer Talkshow in 1999, Foto: IMAGO / APress

In der einstündigen Sendung ging es mitunter hart zur Sache und auch kontroverse Themen wie „Ihr seid der Abschaum unserer Gesellschaft“ wurden angesprochen. Zietlow füllte damit die Mittagslücke und ermöglichte dem deutschen Fernsehpublikum erstmals, werktags sechs Stunden Daily Talk am Stück zu sehen.

Insgesamt wurden 821 Sendungen ausgestrahlt. Allerdings geriet die Sendung auch in die Kritik, insbesondere wegen der Folge „Hilfe, mein Kind schlägt mich“, für die Sat.1 ein Bußgeld von 100.000 DM auferlegt wurde. Nachdem Zietlow zum Konkurrenten RTL gewechselt war, übernahm Britt ihren Sendeplatz.

Heute ist Zietlow vor allem als Moderatorin von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!

7. Ilona Christen –Talkshow mit ungewöhnlicher Moderatorin

Ilona Christen moderierte von 1993 bis 1999 ihre eigene tägliche Talkshow auf RTL. Mit einer monothematischen Gesprächsrunde und Gästen aus dem Leben sprach sie vor allem weibliche Zuschauer an. Die Sendung war weniger skandalträchtig als Arabella oder Sonja. Die Moderatorin war bekannt für ihre extravagante Brille und saß immer ganz rechts neben ihren Gästen.

Ilona Christen war wohl von Sally Jessy Raphael in den USA beeinflusst, die ähnlich schroff und burschikos mit Gästen und Themen umging und ebenfalls eine auffällige Brille trug. Obwohl die Sendung erfolgreich war, verlor sie an Einschaltquoten, als sie auf einen späteren Sendeplatz verlegt wurde und mit anderen Talkshows konkurrieren musste.

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letzte Sendung von Ilona Christen

1999 kündigte Christen an, die Sendung aufgrund von Eskalationen und zunehmenden Provokationen in anderen Talkshows einzustellen. Auf dem Sendeplatz um 13.00 Uhr folgte die Oliver Geissen Show.

8. Oliver Geissen – Kontroverse Diskussionen und hitzige Auseinandersetzungen

Die Oliver Geissen Show war eine tägliche Talkshow, die erstmals 1999 auf RTL ausgestrahlt wurde. Oliver Geissen behandelte in jeder einstündigen Sendung ein eigenes Thema, zu dem er Gäste ins Studio einlud. Die Themen waren oft kontrovers und provokant, was zu hitzigen Diskussionen und Auseinandersetzungen unter den Gästen führte.

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Die Oliver Geissen Show

Oliver Geissen moderierte die Sendung und versuchte, die Debatten zu schlichten und die Gäste im Zaum zu halten. Die Oliver Geissen Show lief bis 2009 und war mit 1807 Ausgaben eine der längsten täglichen Talkshows im deutschen Fernsehen.

9. Ricky Harris – Anders als die Anderen

Die Talkshow „Ricky!“ mit dem charismatischen US-Moderator Ricky Harris fiel durch ihre Andersartigkeit auf. Mit Witz und Einfühlungsvermögen konnte Harris sein Publikum begeistern. Die Show war allerdings nur von kurzer Dauer, denn sie lief nur von 1999 bis 2000 auf Sat.1.

Danach geriet der Moderator etwas in Vergessenheit, bis er 2016 wieder in der deutschen Fernsehlandschaft auftauchte. Harris nahm an der zehnten Staffel von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ teil und wurde so wieder einem größeren Publikum bekannt.

Viele von uns erinnern sich noch gerne an die Fernsehsendungen der 90er Jahre. Neben beliebten Talkshows wie „Ricky!“ haben auch amerikanische Serien wie „Friends“, „Beverly Hills, 90210“ und „Full House“ die Zuschauer begeistert.

10. Jürgen Fliege – Der suggestive Moderationsstil des Pfarrers

In den 90er Jahren boomten Talkshows im deutschen Fernsehen und bescherten den privaten Sendern hohe Einschaltquoten und Gewinne. Das Erste nutzte diese Popularität und startete 1994 die werktägliche Talkshow „Fliege“ mit dem evangelischen Pfarrer Jürgen Fliege als Moderator. Im Gegensatz zu den oft reißerischen Talkshows der Privatsender setzte „Fliege“ auf einen suggestiven Moderationsstil, der eher zum Nachdenken anregen sollte.

Jürgen Fliege
Talkshow-Moderator Jürgen Fliege in 1994, Foto: IMAGO / teutopress

Das Überleben der politischen Talkshows bei den öffentlich-rechtlichen Sendern

In der Folgezeit kamen auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen weitere Talkshows hinzu, wie die von Sabine Christiansen, die von 1998 bis 2007 ausgestrahlt wurde. Christiansen war damit die erste weibliche Moderatorin einer politischen Talkshow im deutschen Fernsehen.

Auch die Sendung „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg erfreut sich seit 2001 großer Beliebtheit und gehört mittlerweile zu den erfolgreichsten politischen Talkshows im deutschen Fernsehen. Weitere erfolgreiche Talkshows im öffentlich-rechtlichen Bereich sind „Beckmann“, „Anne Will“ und „Maybrit Illner“. Dabei sind politische Themen und Gäste bei den öffentlich-rechtlichen Talkshows häufiger als bei den privaten Sendern.

Während die meisten Daily Talkshows bei den privaten Sendern Anfang des neuen Jahrtausends aufgrund sinkender Einschaltquoten eingestellt wurden, haben die politischen Talkshows bei den öffentlich-rechtlichen Sendern überlebt und sogar an Bedeutung gewonnen. Sendungen wie „Sabine Christiansen“, „Anne Will“ und „Hart aber fair“ diskutieren mit Politikern und Experten aktuelle politische Themen und tragen zur Meinungsbildung in der Bevölkerung bei. Die Talkshows haben sich zu einem wichtigen Bestandteil der politischen Berichterstattung in Deutschland entwickelt und sind aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht mehr wegzudenken.

Fazit

Die 90er Jahre waren das Jahrzehnt der Daily Talkshows, die vor allem auf den privaten Fernsehsendern wie RTL, Sat.1 und ProSieben ausgestrahlt wurden. Mit Hans Meiser, Arabella Kiesbauer, Britt, Sonja, Bärbel Schäfer, Ilona Christen und Ricky! hatten die Zuschauer eine große Auswahl an Talkshows mit unterschiedlichen Stilen und Schwerpunkten.

Die Sendungen boten den Zuschauern eine Plattform, um über persönliche Themen zu sprechen und verfolgten oft ein reißerisches Konzept. Die Talkshows waren aufgrund ihrer hohen Einschaltquoten kommerziell erfolgreich, aber auch umstritten, da sie häufig die Grenze zwischen journalistischer Berichterstattung und Voyeurismus überschritten.

Während die meisten dieser Formate aufgrund sinkender Einschaltquoten wieder eingestellt wurden, überlebten die politischen Talkshows im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und sind bis heute ein wichtiger Bestandteil der Fernsehlandschaft. Insgesamt hat das Jahrzehnt der 90er Jahre gezeigt, wie wichtig es ist, eine Balance zwischen Unterhaltung und Information zu finden und die Verantwortung gegenüber dem Publikum nicht aus den Augen zu verlieren.

Matthes

Matthes Vogel

Matthes ist ein Frankfurter Blogger mit einer Leidenschaft für Unterhaltungstechnik und Medien, der auch über viele andere Themen wie Reisen, Wohnen, Unterhaltung und Kommunikation schreibt. Er hat Betriebswirtschaft studiert und arbeitet derzeit als Projektmanager für Digitalisierung und Innovation bei einem Wohnungsunternehmen. Als Blogger teilt er gerne seine Gedanken, Meinungen und Erfahrungen mit seinen Lesern und ist stets bemüht, sie über die neuesten Trends und Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

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